Ein Gewitter nach dem anderen...

Tag 18: Stuor Jierttá

Wir laufen mit den Gewittern um die Wette

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Diese Nacht haben wir richtig gut geschlafen, das Zelt ganz geöffnet, nur den Mückenschutz vor den Türen. Wir frühstücken unser Müsli wegen der Mücken im Zelt, packen dann routiniert alles zusammen und sind knapp nach 10 Uhr unterwegs. Die letzte Wettervorhersage haben wir vom Stugvard in Aktse bekommen, tendenziell warm, aber mit hoher Gewittergefahr, ansteigend in den nächsten Tagen.
In unserer ursprünglichen Routenplanung hatten wir den Bårddetjåhkkå als Option, ein 2000er, der einen tollen Ausblick auf den Bårddejiegna, den mit 11 km² größten Gletscher im Sarek (und dem drittgrößten in Schweden), bietet. Ihr erinnert euch vielleicht an den Namen, vor ein paar Tagen vom Skierffe aus haben wir diesen Gletscher schon gesehen.
Historisch ist dieses Massiv in Schweden von großer Bedeutung, ist es doch eng mit Axel Hamberg verbunden, der hier im Jahr 1911 ein Observatorium knapp unterhalb des Gipfels auf 1830 m geplant und errichtet hat. Axel Hamberg war Geograph und Polarforscher, er hat den Sarek erforscht und ihm ist es auch zu verdanken, dass hier ein Nationalpark eingerichtet wurde.
Wir haben uns die Entscheidung ob Besteigung oder nicht wegen Elisabeths Bandl jetzt lange offen gehalten, wir haben zwei mögliche Zeitfenster: heute am frühen Nachmittag oder morgen vormittag, danach müssen wir in Richtung Kvikkjokk weiter. Heute morgen hängen die Gipfel komplett in den Wolken, aber seht selbst.
Der kleine Unna Jierttá und der größere Stuor Jierttá und im Hintergrund das Boarektjåhkkå-MassivDer kleine Unna Jierttá und der größere Stuor Jierttá und im Hintergrund das Boarektjåhkkå-Massiv, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark II, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/100s, Blende 8, ISO 200
Seht ihr unseren Weg auf dem Bild oben? Nein?
Verständlich, denn es gibt hier keinen ausgetretenen Pfad mehr. Unser “Weg” ist eine lose Abfolge von Weidengestrüpp und Sumpf in unterschiedlicher Tiefe, meist aus der Ferne gut durch das blühende Wollgras markiert. Ab und zu gibt es dazwischen freie Fjällflächen. Entsprechend ist unser Weg auch keine auch nur annähernd gerade Linie sondern ein wirres Zick-Zack Muster – immer wieder steigen wir Richtung Norden höher auf, um schwierige oder vor allem zu tiefe Sumpfstellen zu umgehen.
Wollgras (im Sumpf), © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark II, EF16-35mm f/4L IS USM, 16mm, 1/320s, Blende 8, ISO 200
Weidegestrüpp (mit Feuchtstellen), © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark II, EF16-35mm f/4L IS USM, 16mm, 1/500s, Blende 8, ISO 200
Auf einer der höheren Flächen finden wir dann auf einmal ein Elchgeweih! Wir, die noch nie ein Rentiergeweih gefunden haben, finden ein Elchgeweih 🙂
Unglaublich, wie schwer so ein Geweih ist – für das Foto hab ich einige Kraft verbraucht! In der Nachlese daheim auf Wikipedia stellt sich heraus, dass europäische Elche eine Geweihspannweite von bis zu 1,35 m haben und das vollständige Geweih bis zu 20 kg schwer werden kann [Wikipedia].
Wir legen das Geweih wieder gut sichtbar ab – zum Mitnehmen ist es leider viel zu schwer. Eine Tagesetappe hätte ich mir vielleicht angetan, aber so, lieber nicht.
Schon fast ein ElchSchon fast ein Elch, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark II, EF16-35mm f/4L IS USM, 30mm, 1/400s, Blende 8, ISO 200
Das Wetter ist heute lustig drauf, zum einen ist es richtig warm, zum anderen ziehen in der Umgebung immer wieder Gewitter umher – und sie ziehen rasch. Um 12 erwischt uns der erste Ausläufer, Regenhose und Regenjacke an, Rucksackcover drauf und 5 Minuten und viele schwere Wassertropfen später ist alles wieder vorbei, wir ziehen wieder alles aus und machen gleich eine kurze Pause. Wenig später zieht das nächste Gewitter heran, wir sind überzeugt, dass es vorbeizieht, dann kommt es so schnell, dass wir ziemlich nass sind, bevor wir was Wasserdichtes anhaben, 5 Minuten später, ach, das kennt ihr ja schon. Wenigstens ist es warm und wir trocknen schnell. Mittlerweile ist uns klar, dass es mit der Bergtour heute nichts werden kann – exponiert und hoch oben möchten wir bei diesen schweren Gewittern nicht sein!
Blicke tief in den Sarek: Gaskastjåhkkå, Alep Stuollo, Skájdetjåhkkå, Unna Stuollo, Gådokgaskatjåhkkå und Gådokthåhkkå (vlnr), © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark II, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/250s, Blende 8, ISO 200
Unna Jierttá (983m) und Stuor Jierttá (1335m), © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark II, EF16-35mm f/4L IS USM, 16mm, 1/100s, Blende 8, ISO 200
Unser Weg ist nach wie vor abwechslungsreich, die Landschaft weitläufig und im Westen dominiert von den großen Bergen des Sarek. Es macht Spaß, hier zu gehen, wir sind völlig allein, weit und breit kein Mensch. Das Gelände ist zwar nicht wirklich schwer, aber anstrengend, da wir bei den Schritten oft einsinken und so doch relativ langsam vorankommen.
Stuor Jierttá (1335m), © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark II, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/200s, Blende 8, ISO 200
Elisabeth wieder einmal im Weidengestrüpp, diesmal zusätzlich 10-20cm unter Wasser, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark II, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/250s, Blende 8, ISO 200
Um 15 Uhr zieht die nächste Gewitterfront direkt auf uns zu und diesmal sind wir schneller. Wir sind gerade bei einem nahezu perfekten Zeltplatz, zwischen Unna Jierttá und Stuor Jierttá, eben, mit toller Aussicht und nahem Fluß – das Zelt steht in 5 Minuten und das Gewitter kann uns gern haben. Hat es auch, es dreht ab und das Zelt bleibt trocken. Nicht weit entfernt sehen wir allerdings weiter heftige Gewitter, ein Beispiel im Titelbild des Posts, bei dem Pass zwischen dem großen und dem kleinen rundlichen Berg haben wir gestern den Kungsleden verlassen.
Wir waschen uns gemütlich am Fluß – was bei den heutigen Temperaturen wieder Spaß macht, trotz eisigem Wasser – und genießen den Nachmittag und Abend!
Der nächste einsame ZeltplatzDer nächste einsame Zeltplatz, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark II, EF16-35mm f/4L IS USM, 16mm, 1/125s, Blende 11, ISO 200
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