Wir gehen nicht grad in Richtung Schönwetter....

Tag 3: Gränsleden Akkajaure Västenden – Sårgåjávrre

Eine Erzählung von Sumpfquerungen und Regenbögen

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Ein guter Wandertag beginnt mit einem steilen Anstieg – oder so ähnlich. Von unserem Zeltplatz am See geht es durch den Birkenwald gleich einmal steil nach oben. Es ist kurz nach 10 Uhr, wir haben wieder einmal unsere übliche Stunde zum Packen gebraucht. Unser heutiger Tagesplan nach den gestrigen Strapazen ist klar: wir gehen soweit wir kommen – und wir akzeptieren, dass wir einen Tag länger nach Røysvatn brauchen als geplant. Akkajaure Västenden, unser Zeltplatz am See, liegt auf 460 m Höhe und von dort geht es hinauf auf den 736 m hohen Vakkatjavelk. Der weitere Weg führt dann mehr oder weniger die Höhenlinien entlang am Hang des Gálavárddo bevor es dann wieder zum Sårgåjávrre hinuntergeht (500 m Höhe).
Anstieg nach Akkajaure VästendenAnstieg nach Akkajaure Västenden, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 24mm, 1/60s, Blende 8, ISO 250
Nach dem Birkenwald im steilen ersten Teil des Anstieges wird das Gelände später deutlich weniger steil und wir gehen in einer Landschaft vieler Hügel und Sumpfstellen, tendenziell natürlich nach wie vor nach oben, doch eigentlich ist es ein stetes kleines auf und ab. Phasenweise führt der Weg mitten durch sehr sumpfige Stellen, die sich manchmal gut umgehen lassen, manchmal weniger gut oder gar nicht. An einer Stelle stehen wir vor einer ausgedehnten Sumpffläche, die sich nicht einfach umgehen lässt, dafür finden wir recht frische Fußspuren an einer schmalen Stelle.
Also dann: Ich (Markus) mit Anlauf – gar net so leicht mit einem 30 kg Rucksack – und uff, knapp vor dem Ende bleib ich mit einem Fuß fast stecken und rette mich grad so auf die andere Seite. Schuh leicht nass innen. Elisabeth ist das zu unsicher, sie sucht noch einmal nach einem anderen Übergang, entscheidet sich dann für eine Alternativroute und nimmt sicherheitshalber die Furtschuhe.
Querung einer Sumpflandschaft – Teil IQuerung einer Sumpflandschaft – Teil I, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/100s, Blende 5.6, ISO 100
Ihr seht selbst, das schaut doch kontrolliert und sicher aus. Aber kontrolliert ist nicht immer gut – ein bissl später versinkt sie mit den rechten Fuß bis zum Knie – und schafft es auch nicht, ihn wieder herauszuziehen. Dafür versinkt sie langsam auch mit dem linken Fuß. Das folgende Foto zeigt den Moment kurz davor.
Querung einer Sumpflandschaft – Teil II: In too deep!Querung einer Sumpflandschaft – Teil II: In too deep!, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/100s, Blende 5.6, ISO 100
Bevor ihr fragt – es gibt keine weiteren Fotos, der Fotograf hat seine Kamera schnell auf eine halbwegs trockene Stelle gelegt und ist zu Hilfe geeilt. Naja, er wollte, denn näher als 2 m bin ich nicht herangekommen, ohne selbst zu versinken, die Stelle ist deutlich fieser als mein Übergang. Elisabeth ist schlussendlich nur herausgekommen, indem sie sich nach vorne auf die Knie (und Hände samt aufgelegter Trekkingstöcke) hat sinken lassen und dann langsam die Füße wieder herausgezogen hat und so auf allen Vieren vorwärts bis zu mir gekrochen ist.
Fazit:Bissl nasser als geplant, beide Vivobarefoots noch an den Füßen (das war knapp), Laune prächtig – zumindest nach hochdosierter Verabreichung von Schokolade 😉
Für die Zukunft: Drüberlaufen ist besser, Furtschuhe werden überschätzt und schlauer wäre es gewesen, die Stelle sehr weiträumig zu umgehen, auch wenn da schon Fußspuren waren …
Das Wetter ist heute durchwachsen, in der Früh bewölkt, dann sind wir so halb in der Sonne gegangen. Der Blick voraus zeigt uns über den ganzen Horizont schlechtes Wetter, mit dunklen Wolken und offensichtlich starkem Regen. Gemeinsam mit den Sonnenstrahlen ergibt das allerdings eine unbeschreibliche Lichtstimmung und um das ganze abzurunden – im wahrsten Sinne des Wortes – erscheint dann noch ein wunderbarer Regenbogen. Direkt über dem Hügel, auf den wir gerade zugehen!
RundRund, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/160s, Blende 11, ISO 100
Da ich unbedingt den Regenbogen auch von oben fotografieren will, laufe ich den Hügel hinauf – so schnell wie möglich. Spitzenzeit wurde es mit 30 kg Gepäck keine, aber immerhin komme ich, schwer außer Atem, rechtzeitig oben an, um euch dieses Foto mitzubringen:
Wir gehen nicht grad in Richtung Schönwetter….Wir gehen nicht grad in Richtung Schönwetter…., © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 28mm, 1/160s, Blende 11, ISO 100
Kurz darauf ist dieser traumhafte Regenbogen weg, wir sehen aber im Lauf des Tages noch weitere, allerdings nicht mehr so prachtvoll. Unser Weg führt allerdings weiterhin durch eine malerische Birken- und Sumpflandschaft mit toller Herbstfärbung!
Anstieg zum Vakkatjavelk, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/80s, Blende 11, ISO 125
Zur Abwechslung mal ein einfacher Weg…., © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 28mm, 1/80s, Blende 11, ISO 100
Von einer Anhöhe werfen wir einen Blick zurück und sehen dabei, welche Distanz wir seit unserem Start vorgestern bereits zurückgelegt haben. Wenn ihr in der Mitte des Bildes vom Himmel nach unten geht, seht ihr den Bergrücken der von links kommend bis zum See verläuft. Hinter diesem Bergrücken liegt unser Ausgangspunkt Ritsem.

Blick zurück auf Akkajaure Västenden und ganz hinten liegt Ritsem (nicht sichtbar)Blick zurück auf Akkajaure Västenden und ganz hinten liegt Ritsem (nicht sichtbar), © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 20mm, 1/125s, Blende 11, ISO 100
VakkatjavelkVakkatjavelk, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/80s, Blende 8, ISO 100

Mittlerweile haben wir den Vakkatjavelk erreicht und gehen nun am Hang des Skiejátjåhkkå bzw. des Gálavárddo entlang. Auf der Karte schaut das total nett aus, mehr oder weniger auf einer Höhenlinie, die Realität ist aber eine andere. Es geht auf und ab, der Weg ist teilweise anstrengend und knapp vor der Rasthütte Gálavárddo geht es dann überhaupt einen steilen, schlammigen und wasserüberlaufenen Pfad hinunter, den man durchaus auch als kleinen Bach bezeichnen könnte. Dafür haben wir jetzt wieder einen schönen Blick auf die Flusslandschaft des Sårgåjåhkå.
Traverse des Hanges des SkiejátjåhkkåTraverse des Hanges des Skiejátjåhkkå, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/80s, Blende 8, ISO 200
Die Rasthütte erreichen wir um ungefähr 14 Uhr. Juhuu, wir haben 6 Kilometer zurückgelegt – in 4 Stunden. Also mit kurzen Pausen, Fotostops und einer Rettungsaktion ein heißer Schnitt von 1½ Kilometern pro Stunde. Das liegt weit unter unserem normalen Speed. Die Ursache sehen wir in mehreren Faktoren: Rucksackgewicht (30 bzw. 23 kg), wir haben heuer noch weit weniger Wanderkilometer in den Beinen als in anderen Jahren (und vor allem kaum welche mit wirklich viel Gewicht) und schlussendlich ist der Weg hier einfach nicht einfach. Letzteres wird sich bestätigen, am Nordkalottleden haben wir dann kaum weniger Gewicht am Rücken, werden aber deutlich flotter vorankommen.
Rasthütte Gálavárddo, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/60s, Blende 8, ISO 250
Rasthütte Gálavárddo (Blick zurück), © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/60s, Blende 8, ISO 200
An der Rasthütte treffen wir Lothar aus Deutschland, der hier bereits sein Zelt aufgestellt hat. Während wir uns Wasser wärmen und gemeinsam ein kalorienreiches Packerl aus unserem Vorrat mampfen, haben wir ausgiebig Zeit zu plaudern. Lothar erzählt von einer Fernreise mit einem Allrad-Iveco in Südamerika und natürlich auch von seiner bisherigen Tour. Er ist wie wir in Ritsem gestartet, einen Tag vor uns und ist wie wir deutlich hinter seinen Erwartungen bezüglich absolvierter Strecke. Sein Rucksack ist vom Typ mobile Schrankwand mit Namen Haglöfs 110 und es mangelt weder an beeindruckendem Messer noch Fernglas. Also quasi Treffen der Ultralight-Fraktion, was soll ich sagen – bei mir ist zwar die Ausrüstung halbwegs optimiert, dafür schlepp ich Fotozeug im Übermaß. Ach, erinnert ihr euch noch an die Fußspuren, denen folgend ich durch den Sumpf gelaufen bin? Hier haben wir den Mann, der bereits vor uns dort versunken ist! 😀
Nach 1,5-stündiger Pause verabschieden wir uns von Lothar und gehen weiter, wild entschlossen, heute noch einige Kilometer zurückzulegen.
Allgemein betrachtet ist der Weg völlig klar: die Höhe in etwa halten, immer den Hang entlang. Im Detail ist das nicht ganz so einfach, der markierte Weg verschwenkt manchmal überraschend um 90° um weiter auf den Berg zu steigen. Damit der Wanderer diese Markierungen nicht erkennt, werden strategisch günstig Rentiere zur Ablenkung platziert. Die Wanderer freuen sich dann über Rentiere, beobachten und fotografieren diese und sagen dann nach einer Weile Sätze wie: “Jetzt haben wir schon lange keine Markierung gesehen” oder “Der Weg war auch schon mal besser” oder “Bist Du Dir sicher, dass das der Weg ist?”. Spätestens an dieser Stelle drehen erfahrene Lustwandler um und suchen die letzte bekannte Markierung und tatsächlich, war doch eh ein Pfeil nach Norden! Seht selbst – hier auch gleich mit einem der Übeltäter:

Die Feinheiten der Wegführung sollte man trotz Ablenkung nicht übersehen…Die Feinheiten der Wegführung sollte man trotz Ablenkung nicht übersehen…, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/80s, Blende 8, ISO 250
RentierRentier, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF70-300mm f/4-5.6L IS USM, 300mm, 1/500s, Blende 5.6, ISO 1250
Rentiere, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF70-300mm f/4-5.6L IS USM, 300mm, 1/500s, Blende 5.6, ISO 1000
Rentiergruppe, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF70-300mm f/4-5.6L IS USM, 300mm, 1/500s, Blende 5.6, ISO 1250
Ruhende Rentiere, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF70-300mm f/4-5.6L IS USM, 300mm, 1/640s, Blende 8, ISO 1250
RentiereRentiere, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF70-300mm f/4-5.6L IS USM, 300mm, 1/500s, Blende 5.6, ISO 1250

Abseits kleiner Wegfindungsprobleme wird der Weg aber nun tatsächlich etwas einfacher und wir kommen schneller voran. Die Sonne ist mittlerweile weg, wir gehen auch nicht mehr kurzärmelig sondern mit unseren Fleeces. Ab und zu tröpfelt es leicht, bleibt aber sonst stabil. Nach der langen Hangquerung folgt ein sehr sanfter Abstieg, das folgende Foto ist um 17 Uhr entstanden, da sind wir schon ein schönes Stück tiefer. Wenig später treffen wir auf die nächste Gruppe von Rentieren.

Flußlandschaft des SårgåjåhkåFlußlandschaft des Sårgåjåhkå, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 24mm, 1/60s, Blende 8, ISO 200
Junges Rentier, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF70-300mm f/4-5.6L IS USM, 300mm, 1/640s, Blende 5.6, ISO 3200
Rentier “Bastian”, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF70-300mm f/4-5.6L IS USM, 300mm, 1/500s, Blende 5.6, ISO 2000
SårgåjávrreSårgåjávrre, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 16mm, 1/60s, Blende 8, ISO 200

Wir gehen bis knapp nach 19 Uhr und sind zu diesem Zeitpunkt noch ca. 1 Kilometer von der Brücke entfernt. Damit sind wir heute nun doch deutlich vorangekommen und waren ab der Pause auch in einem vernünftigen Tempo unterwegs. Geht doch!
Beim Zeltaufbau ist es kalt und windig, wir kühlen schnell aus und verschwinden entsprechend schnell auch in unseren Schlafsäcken, gekocht wird in der Apsis, gegessen im Zelt. Und dann ist auch schon Nachtruhe!

Elisabeth auf dem Gränsleden, links der SårgåjávrreElisabeth auf dem Gränsleden, links der Sårgåjávrre, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/80s, Blende 8, ISO 400
Perfekter ZeltplatzPerfekter Zeltplatz, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/80s, Blende 8, ISO 1600

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