Nach Frühstück und Zeltabbau geht es um 10 Uhr los. Die aktuell eingeholte Wetterprognose verheißt nichts Gutes. Vom Süden ist ein Sturm im Anmarsch auf Islands Küste, eine Sperre des Fimmvörðuháls steht im Raum, für Hrafntinnusker besteht Sturmwarnung und in unserer Richtung ist von starkem Wind und Regen die Rede, zunehmend gegen Abend. Die Busverbindung von Landmannalaugar nach Landmannahellir ist nach wie vor unterbrochen – wir werden später sehen warum – unser optionales Abbruchszenario per Bus löst sich damit in Luft auf. Da wir noch über ausreichend Reservetage verfügen, beschließen wir, heute einmal nach Landmannahellir zu gehen und dann zu entscheiden, ob wir weitergehen oder wieder zurückgehen.
Die heutige Etappe ist die erste des „Hellismannaleið“, übersetzt „der Weg der Höhlen-Leute“, der von Landmannalaugar bis Leirubakki führt. Die Höhle bei Landmannahellir dient schon seit Jahrzehnten als Unterkunft für Farmer und Schafhirten. In der Höhle fanden bis zu 70 Pferde Platz, in späteren Jahren wurde dann vor der Höhle eine kleine Hütte als Unterkunft errichtet. Heute wird Landmannahellir touristisch genutzt, die über Jahre entstandene kleine Ansammlung von Hütten wurde 2012 um mehrere große Hütten erweitert.
Wir gehen drei der vier Etappen: Landmannalaugar – Landmannahellir (17 km), Landmannahellir – Afangagil (22,5 km) und Afangagil – Rjupnavellir (19 km), das ist ein traditioneller Pfad, der erst 2009 als markierter Weg eröffnet wurde. Den letzten Teil Rjupnavellir – Leirubakki (25 km) aus dem Jahr 2011 lassen wir aus, da er uns landschaftlich nicht so attraktiv erscheint. Die Strecke ist durchgängig mit weißen Holzpflöcken markiert.
Es sind schon ein paar Flecken blauer Himmel zu sehen. Wir wandern ca. 1 km durch das Lavafeld zurück (diesmal auf dem ausgetretenen Weg ohne Kraxelei), dann biegen wir nach Westen ab, in die Ebene Vondugil mit feuchten Wiesen und einigen Schafen, die hier das saftige Gras genießen. Waren am Laugahraun noch jede Menge Menschen um uns herum, sind wir nun schlagartig allein.
Vondugil und Flußarme der Námskvísl, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 16mm, 1/160s, Blende 11, ISO 200 Grasende Schafe in der Vondugil, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/160s, Blende 11, ISO 200 Aufstieg aus der Vondugil über den Grat am rechten Bildrand, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 22mm, 1/125s, Blende 11, ISO 200
Danach gehts ordentlich bergauf. Wir plagen uns beide – heute haben wir schließlich wieder die großen Rucksäcke zu tragen. Der Wind nimmt nun merklich zu und bläst von vorne und von der Seite, was das Gehen zusätzlich erschwert. Der Weg ist hier nicht anspruchsvoll … wenn nur die Höhenmeter nicht wären ;-). Die Blicke zurück sind allerdings wieder fantastisch!
Vondugil und Flußarme der Námskvísl, Laugahraun, Bláhnúkur und Brennisteinsalda, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 26mm, 1/160s, Blende 11, ISO 200
Weiter geht es leicht bergauf und bergab auf leichtem Weg. Der nächste Anstieg geht auf grüner Heidefläche und weichem Boden auf den nördlichen Ausläufer des Mógilshöfðar.
Elisabeth im Anstieg auf den nördlichen Ausläufer des Mógilshöfðar, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 24mm, 1/200s, Blende 8, ISO 200 Blick zurück vom nördlichen Ausläufer des Mógilshöfðar; Brennisteinsalda und Bláhnúkur sind gerade noch erkennbar, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/320s, Blende 8, ISO 200
Nach ca. 6 Kilometern treffen wir ein russisches Pärchen, das an einer windgeschützten Stelle Pause macht. Auch einige Mountainbiker sind auf unserer Route unterwegs. Außerdem sehen wir heute viele Schafe, die – meist in Dreiergruppen – auf den steilen Hängen stehen und uns beobachten. Die Landschaft hat sich mittlerweile wieder vollkommen geändert. Wir gehen auf Schotter, auf dem alten Lavafeld Háölduhraun.
Háölduhraun, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 25mm, 1/250s, Blende 11, ISO 200
Bald kommt der See Dómadalsvatn in unser Blickfeld und bietet einen traumhaften Ausblick. Dieser See ist aufgrund der vielen Niederschläge viel größer als sonst und legte sogar den Busverkehr nach Landmannahellir lahm. Auf dem übernächsten Bild sieht man die Fahrzeuge am rechten Bildrand an der überfluteten Piste, dies ist der erste Tag, wo sich der Bus wieder durchwagt (die PKWs drehen um, denn ein Umfahren des überfluteten Teils ist nicht möglich, jegliches Offroad-Fahren ist in Island strengstens verboten).
Dómadalsvatn (viel größer als normal), © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/400s, Blende 8, ISO 200
Auf dieser Strecke gibt es einige tolle Jausenplätze, die wir aber aufgrund des eisigen Windes nicht nutzen können. Ein paar kurze Pausen, um den Füßen ein bisschen Erholung zu gönnen und eine Kleinigkeit zu essen – mehr ist heute leider nicht drin. Seht ihr den Sandsturm auf dem Bild unten? Gemütlich ist anders 😉
Dómadalsvatn, der die Piste überschwemmt, im Hintergrund wirbelt der Sturm Sand auf, © Markus Proske — Canon EOS 5D Mark IV, EF16-35mm f/4L IS USM, 35mm, 1/500s, Blende 8, ISO 400
Am Ende führt uns der Weg rund um den See Löðmundarvatn, bevor wir einen letzten Aufstieg Richtung Hütte antreten. Der Wind ist mittlerweile so stark, dass wir die Schritte nicht so wie geplant setzen können und ab und zu bedenklich in Schräglage kommen.
Bei der Hütte fragen wir, ob noch ein Platzerl für uns frei ist – allein das Aufbauen des Zeltes wäre bei dem Sturm eine wirkliche Herausforderung. Am Zeltplatz stehen seit gestern drei Zelte und die Hüttenwirtin meint, dass sie die Menschen da drin eventuell bald evakuieren muss. Wir bekommen eine 18er Hütte, die wir ganz für uns haben. Die Hütte ist alles andere als schön und eiskalt, aber sie hält den Sturm ab und wir haben ungewohnte Bewegungsfreiheit. Wir duschen, platzieren uns nahe am gasbetriebenen Heizstrahler und essen und lesen, bis uns die Augen zufallen.
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