Wirklich gut geschlafen haben wir nicht in dieser ersten Nacht. Alles ist feucht und müffelt ein bisschen schimmlig. Die Stimmung bessert sich nicht, als wir um 6 Uhr morgens die feuchte Kleidung anziehen. Socken, Unterwäsche, Shirt, Hosen, Fleece: Alles feucht. Wir versuchen, es mit Humor zu nehmen und vertrauen auf die Berichte, dass dies die schlechteste aller Unterkünfte auf unserer Tour ist.
Wir gehen in den kalten Frühstücksraum und essen unser Frühstück, bestehend aus Zwieback, Margarine und Marmelade aus dem Packerl. Ich muss zugeben, in diesem Moment dachte ich neidvoll an die vielen vernünftigen Paare, die ihre Hochzeitsreise auf den Malediven verbringen und deren einzige Sorge am Morgen ist, ob sie vor oder nach dem reichhaltigen Frühstücksbuffet das erste Mal ins Meer springen sollen.
Im Zimmer packen wir alles in unsere feuchten Rucksäcke und um 7:45 Uhr machen wir uns an den Aufstieg. 400 Höhenmeter auf rund 4 km warten auf uns. Auf dem Wegweiser ist die Aufstiegszeit mit 1,5 Stunden angegeben. Der Gipfel liegt meist früh in den Wolken, oft schon um 10 Uhr am Vormittag. Also starten wir flotten Schrittes, damit wir noch die Aussicht genießen können. Der Weg ist leicht, die Markierung ausgezeichnet.
Aufstieg in der Morgensonne zum Roche Écrite, © Markus Proske — NIKON Z 7, NIKKOR Z 24-70mm f/2.8 S, 49mm, 1/100s, Blende 8, ISO 140
Der Weg führt über die Plaine des Chicots, die Landschaft wird offener, mit weiten Grasflächen, Heidepflanzen, Ginster und großen Platten aus Lava. Die Vegetation wird spärlicher. Wir sind aber nicht einsam – am heutigen Tag begegnen wir vielen Trailrunnern.
Auf den nächsten beiden Bildern seht ihr zwei ganz typische Pflanzen dieser hoch gelegenen Heidelandschaft.
Zwei Aussichtspunkte liegen auch am Weg (jener etwas abseits des Weges wird nach dem dort befindlichen Teich „Mare aux Cerfs“ genannt). Der Ausblick im Osten zeigt den Cirque des Salazie, im Westen ist der Cirque de Mafate zu sehen.
Die Wolken ziehen schon herauf und Markus erhöht die Geschwindigkeit. Wir schweben nur so über die Lavaplatten. 😉
Aufstieg über Lavaplatten, © Markus Proske — NIKON Z 7, NIKKOR Z 24-70mm f/2.8 S, 34mm, 1/320s, Blende 8, ISO 64
Auch Valérie und Benoît gehen unseren Weg – allerdings ohne Rucksack. Kurz vor dem Gipfel überholen sie uns. Um 9:15 Uhr erreichen wir die Antenne und kurz darauf den Gipfel. Kurz haben wir noch gute Sicht, wenige Minuten später sind Berge und Täler in den Wolken. Überall auf den Felsen rund um den trigonometrischen Punkt von La Roche Ecrite sind Inschriften, häufig Vornamen, zu lesen, die diesem Ort auch den Namen „Roche Ecrite“, beschriebener Felsen, geben.
Manche wagen sich für eine gute Aussicht weit vor an die Kante. Wir beobachten lieber ein Stück weiter hinten.
Und ärgern uns ein wenig, nicht schon früher hier oben gewesen zu sein, so hätten wir wohl länger Zeit gehabt, die beeindruckende Aussicht zu genießen. Tief unter uns liegt der Cirque de Salazie und Grand Îlet mit dem Kamm des Cimendef und dem Piton Bémale im Westen.
Blick vom Roche Écrite (2.276 m) auf den Cirque de Salazie (ganz hinten der Piton des Neiges weitgehend in den Wolken), © Markus Proske — NIKON Z 7, NIKKOR Z 24-70mm f/2.8 S, 24mm, 1/125s, Blende 11, ISO 64 Steiler Abhang in den Cirque de Salazie, Blick auf Grand Îlet, © Markus Proske — NIKON Z 7, NIKKOR Z 24-70mm f/2.8 S, 24mm, 1/80s, Blende 11, ISO 64
Einen ersten Blick auf den Cirque de Mafate erhaschen wir auch – dort unten werden wir morgen Abend sein!
Blick in den Cirque de Mafate, © Markus Proske — NIKON Z 7, NIKKOR Z 24-70mm f/2.8 S, 41mm, 1/100s, Blende 11, ISO 100
30 Minuten verbringen wir am Roche Écrite, dann gehts auf gleichem Weg zurück zur Gîte und zum GR R2. Nach einer kurzen Pause treten wir um 11:30 den Abstieg nach Dos d’Ane an, der mit 2:45 Stunden angegeben ist.
Unglaublich schön ist der Abstieg durch den märchenhaften Regenwald. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch, doch durch die moderaten Temperaturen ist dies nicht unangenehm. Immer wieder bleiben wir stehen und schauen, versuchen, uns diesen Anblick einzuprägen und hoffen, dass uns noch viele solcher Passagen auf unserer Route erwarten.
Jetzt bin ich doch froh, nicht die Malediven als Ziel der Hochzeitsreise gewählt zu haben!
Stimmung: perfekt!
Markus, © Elisabeth Zenz — NIKON Z 7, NIKKOR Z 24-70mm f/2.8 S, 70mm, 1/125s, Blende 2.8, ISO 64
Der Weg ist matschig, rutschig und mit vielen hohen Stufen versehen. Bis auf das vielfältige Vogelzwitschern ist es ruhig, Tiere sehen wir kaum. Bis auf ein paar riesige Spinnen, die ihre metergroßen Netze weit über uns spannen. Diese unglaublichen Eindrücke bewirken, dass wir die doppelte Zeit für den Abstieg brauchen als angegeben. Wir vermuten aber auch, dass die Zeiten für Trailrunner angegeben sind. ?
Elisabeth, © Markus Proske — NIKON Z 7, NIKKOR Z 24-70mm f/2.8 S, 24mm, 1/50s, Blende 11, ISO 180
Oben am Kamm ist der Pfad besonders abenteuerlich. Durch die tiefen Wolken scheint es, als würde unser Pfad ins Nichts führen und auch links und rechts ist nichts zu sehen. Vielleicht gut so, denn in den Tourbeschreibungen ist zu lesen, dass diese Passage für Menschen mit Höhenangst eine Herausforderung darstellt, geht es doch links und rechts kerzengerade hinunter. Schon seit längerem hören wir tief unter uns immer das Krähen der Hähne.
Schmaler Grat zwischen dem Cirque de Mafate und Dos d’Âne, © Markus Proske — NIKON Z 7, NIKKOR Z 24-70mm f/2.8 S, 24mm, 1/50s, Blende 11, ISO 160
Wir nehmen den direkten, steilen Weg zum Parkplatz Cap Noire, den wir um 16:30 Uhr erreichen. Der Weg über den Cap Noire, der eine atemberaubende Aussicht verspricht, ist bei den heutigen Sichtverhältnissen sinnlos. Extrem schade!
Lustwandler-Tipp: Wir empfehlen einen Ruhetag in Dos d’Âne einzulegen. Vor der Morgendämmerung aufbrechen, hinauf auf das Cap Noir und dann die Cap Noir Runde und die damit verbundenen Eindrücke genießen.
Vom Parkplatz aus geht es auf der Bundesstraße zur Gîte (3 km, 45 Minuten). Alternativ kann man für diese unattraktive Strecke auch den Bus nehmen.
Die Gîte ist extrem schön und kein Vergleich zur ersten Hütte. Der Blick hinunter zum Meer ist ebenfalls beeindruckend.
Zweibettzimmer, warme Dusche und tolles Essen: Zur Vorspeise Frühlingsrollen, Käsetascherl, Süßkartoffelpuffer; zur Hauptspeise Reis, Linsen, Salat, Huhn und Fisch; dann Apfeltarte mit Vanilleeis und Mangocreme. Dazu Rumpunsch mit Mango, Rotwein und Wasser. Um 21 Uhr liegen wir müde und satt im Bett.
Ein paar Fakten zur Gehzeit:
Von Gîte zu 1492 m Abzweigung Route Forestière de la Plaine d’Affouches: 3:15 Stunden (statt 1:30 Stunden)
1230 m Abzweigung Dos d’Âne par Grand Coin 20 min bzw. par Roche Verre Boutaille 35 min (hier gehen wir genau die angegebene Zeit)
Parkplatz Cap Noir (+ 15 min zur Angabe am Schild)
Und hier das Höhenprofil der ersten beiden Tage. 🙂
(Kartendaten © OpenStreetMap contributors, Track Lustwandler.at)
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