Um kurz nach 7 Uhr steigen wir beim Campingplatz in Reykjavík in den Bus, der uns zum BSI Busbahnhof bringt, wo wir in einen uralten Bus umsteigen, der uns zum Ausgangspunkt unserer Wanderungen führen soll. Das wird noch spannend, da dieser Ausgangspunkt kein regulärer Busstopp ist.
Die Busfahrt ist kurzweilig, wir bewundern die schöne Landschaft, die draußen vorbeizieht. Die Busfahrt beinhaltet zwei längere Stopps, bei zwei Sehenswürdigkeiten des „Golden Circle“: das Geothermalgebiet Geysir und der Wasserfall namens Gullfoss.
Auch wenn der „Große Geysir“ schon seit einigen Jahren nicht mehr ausgebrochen ist, lohnt der Halt. Denn der kleinere Geysir Strokkur ist ganz schön beeindruckend. Im regelmäßigen Abstand von 5 bis 10 Minuten beginnt er erst heftig zu blubbern, bis kurz vor dem Ausbruch eine riesige fetzblaue Blase entsteht (die könnt ihr gut am Titelbild erkennen), aus der eine gewaltige Wassersäule von 20 bis 30 Metern ausbricht. Das Entstehen der Blase und der folgende Ausbruch erfolgt so rasch, dass das Fotografieren eine echte Herausforderung ist.
Neben dem Strokkur befinden sich hier im Geothermalgebiet noch weitere kleine Geysire wie der kleine „Litli Geysir“, den wir schon aufgrund des entzückenden Namens festhalten mussten. Der 20-Minuten-Stopp ist nun fast zu kurz. Schnell kaufen wir noch frisch belegte Weckerl fürs heutige Abendessen und dann gehts schon weiter.
Next Stop: Gullfoss (isl. gull = „Gold“, foss = „Wasserfall“). Über zwei Stufen (11 m und 21 m), zueinander versetzt, schießen hier in der Schlucht des Flusses Hvítá gewaltige Wassermassen bergab. Das sieht nicht nur beeindruckend aus, sondern ist auch akustisch eine Attraktion – unglaublich, wie laut es hier ist. Seine durchschnittliche Wasserführung beträgt etwa 109 Kubikmeter pro Sekunde, im Sommer etwa 130 Kubikmeter pro Sekunde.
Gullfoss, © Markus Proske — NIKON Z 7, NIKKOR Z 24-70mm f/4 S, 24mm, 1/50s, Blende 8, ISO 64 Gullfoss, © Markus Proske — NIKON Z 7, NIKKOR Z 24-70mm f/4 S, 49mm, 1/60s, Blende 8, ISO 64
Nach dem kurzen Stopp beim Gullfoss fahren wir mit dem Bus weiter die Piste F35 nach Norden. Ab nun müssen wir aufpassen, der Busfahrer spricht nur wenig Englisch und kennt die Stelle nicht, an der wir aussteigen wollen. Wir lassen unser GPS mitlaufen und erkennen so rechtzeitig die Brücke des Flusses Grjótá. Der Busfahrer fragt noch zweimal nach, ob wir wirklich hier im Nirgendwo aussteigen wollen, ja, wollen wir! Verwunderte Gesichter sehen wir auch bei unseren Mitreisenden, die aus dem warmen Bus zusehen, wie wir unsere großen Rucksäcke aus den Gepäckfächern des Busses ausladen.
Ausgesetzt am Straßenrand der Piste F35 (“Kjölur”) – an der Brücke über die Grjótá (Wegweiser “Fremstaver”), © Markus Proske — NIKON Z 7, NIKKOR Z 24-70mm f/4 S, 33mm, 1/80s, Blende 8, ISO 64
Da fährt er hin! Aus Norden bläst ein eisiger Wind, schnell schließen wir unsere Fleeces und setzen die Kapuzen auf. Sind wir wirklich sicher? Der Bus ist jedenfalls weg, also rauf mit den Rucksäcken – uff! – und los gehts! Der erste Teil des Weges ist überaus einfach, eine kleine Piste führt in südlicher Richtung der Grjótá entlang in Richtung des Flusses Hvítá. Ein Stück vor der Hvítá macht die Piste einen Schwenk nach Osten und nach einiger Zeit erreichen wir die verschlossene Hütte Fremstaversskáli (wer hier übernachten möchte, muss im Voraus buchen).
Nach der Hütte verliert sich die Piste irgendwann am Hang des Bláfell und wird zu einem kleinen Pfad, der leicht zu gehen ist. Alternativ hätte man auch bereits von der Hütte dem Reitweg folgen können. Das folgende Bild zeigt einen Blick zurück (und Richtung Westen) auf die Fremstaversskáli, viele Berge und viele Schafe
Der Wind bläst nach wie vor kräftig, aber wir genießen die frische klare Luft und freuen uns, endlich wieder isländischen Boden unter den Füßen zu haben. Zeit für eine kleine Pause, dem Wind geschuldet eng aneinandergekuschelt in einer kleinen Mulde, ganz im Stil der isländischen Schafe, wie ihr noch auf späteren Fotos feststellen werdet.
Nach der Pause dauert es nicht lange, bis wir auf den Reitweg treffen und nun diesem Pfad folgen. Unser heutiges Tagesziel ist die Schlucht Sniðbjargargil, eine gemütliche Nachmittagsetappe von etwa 13 km von unserem Startpunkt entfernt. Wir gehen jetzt näher am Fluss, die Landschaft ist grüner und wir queren kleinere Flüsse, die aus dem Bláfell kommen.
Die Schlucht Sniðbjargargil, im Hintergrund der Fluss Hvitá und drei Schafe, © Markus Proske — NIKON Z 7, NIKKOR Z 24-70mm f/4 S, 70mm, 1/160s, Blende 8, ISO 64
Das obige Bild zeigt die Schlucht in Richtung der mächtigen Hvítá, wir machen jetzt aber – nachdem wir unser Zelt bereits aufgestellt haben – einen Ausflug in die Gegenrichtung, in die Schlucht hinein, einer Beschreibung von Uwe Grunewald in seinem Buch „Island – Naturparadies am Polarkreis“ folgend.
Von unserem Zeltplatz auf einer kleinen Ebene geht es in die Schlucht hinein, die Schlucht wird enger und enger, man kraxelt über ein paar Felsen und steht dann plötzlich vor einem wunderschönen kleinen Wasserfall!
Nach diesem tollen kleinen Ausflug gehen wir zum Zelt zurück und folgen nun der Schlucht in die andere Richtung, bis wir nahe am Gletscherfluss Hvítá sind, die sich hier durch einen breiten Canyon windet. In der Gegenrichtung sehen wir die Schlucht Sniðbjargargil und dahinter das Bláfell, an dessen Hängen wir heute und morgen entlanggehen. Unser erster Streckenabschnitt ist ja im Wesentlichen eine halbe Umrundung des Bláfell, bevor wir morgen bei der Brücke über die Hvítá wieder auf die F35 treffen.
Zurück beim Zelt genießen wir die Snacks, die wir am Vormittag beim Geysir-Shop gekauft haben. Für einen längeren Aufenthalt draußen ist es zu kalt, also verkriechen wir uns ins Zelt, schreiben Tagebuch und lesen … und schlafen dann auch bald ein.
Zeltplatz No. 1 bei der Schlucht Sniðbjargargil, © Markus Proske — NIKON Z 7, NIKKOR Z 24-70mm f/4 S, 33mm, 1/50s, Blende 8, ISO 64
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